Liebe Gemeindemitglieder, liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde!

Der Predigttext dieses Sonntags beinhaltet ein schlichtes Bild aus der bäuerlichen Welt Palästinas: Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu ihm eilten, redete er in einem Gleichnis: Es ging ein Sämann aus, zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf. Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s. Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ (Lukas 8,4-8).

Jesus beschreibt in diesem Bild die Arbeit des Sämanns und seine Erfahrungen mit dieser Arbeit. Der Sämann streut Samenkörner aus. Er weiß, dass nicht alle davon aufgehen werden. Wenig überraschend: Den Acker ohne Dornen, Gestrüpp und Steine gibt der palästinensische Boden nicht her. Ein Teil der Samenkörner fällt auf den Weg neben bzw. durch den Acker und wird von Vögeln gefressen. Ein anderer Teil hat auf felsigem Grund keine Chance zum Wachstum, es fehlt ihm dort die Feuchtigkeit. Anderer Samen fällt unter Dornen und kann sich darin nicht entfalten. Einiger hingegen fällt auf gutes Land und bringt hundertfach Frucht.

Bemerkenswert ist die Aufforderung am Ende des Gleichnisses Jesu: „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“. Das klingt nach: „Schau dir dieses Bild genau an und denk darüber nach!“ Ich möchte ergänzen: „Wer Augen hat zu sehen, der sehe! Wer noch riechen, schmecken, fühlen kann, der tue es!“

Ich schaue noch einmal auf das Bild: Die Tätigkeit des Sämanns besteht darin, dass er Samen ausstreut. Er hat die Hoffnung, dass der Samen aufgeht – unabhängig davon, wohin er fällt. Wer könnte mit ihm gemeint sein? Möglicherweise Jesus selbst. Denn wenn der Mann aus Nazareth vom Leben und dessen Würde spricht, vom Reich Gottes, in dem Liebe die bestimmende Kraft ist, vom Heil, das allen Menschen zuteilwerden soll – dann sät er Hoffnung. Und er verbindet sein Wort stets mit Tat: Er heilt Menschen, schenkt ihnen Zuwendung, stellt sich auf die Seite der Armen und Unterdrückten, verunsichert die Mächtigen in Staat und Religion. Er verschenkt Zeit und Aufmerksamkeit, setzt sich den Menschen aus, denen er begegnet. Wo er hinkommt, wird Vergebung spürbar und ein Neuanfang möglich. Dieser Mensch, den Gott zu seinem Sohn erklärt hat, öffnet den Himmel und sät Hoffnung über den Tod hinaus.

Der Sämann Jesus macht bei seinem Wirken – wie der Sämann im Bild – die unterschiedlichsten Erfahrungen. Er erfährt Ablehnung, aber auch Zustimmung. Manchmal hören ihm Menschen zu und gehen unberührt von seiner Botschaft wieder zur Tagesordnung über. Nicht wenige bejubeln ihn und wenig später rufen sie: „Ans Kreuz mit ihm!“. Viele möchten ihm glauben und nachfolgen, aber es gelingt ihnen nicht. Doch Jesus macht auch die Erfahrung, dass der Samen der Liebe auf gutes Land fällt, wächst und gedeiht. Er erlebt den Glauben einzelner Frauen und Männer ebenso wie die Offenheit der Kinder, den Dank von Menschen, die neuen Sinn in ihrem Leben entdecken. Und manche von ihnen werden ihm zu Freundinnen und Freunden.

Das Bild vom Sämann könnte ein Bild für alle sein, die im Geiste Jesu auf eine bessere Welt hoffen und sich für eine solche einsetzen. Menschlichkeit muss mit Unverständnis und Widerstand rechnen. Aber sie wird auch aufgenommen und weitergegeben. Dieser Sämann ist sympathisch. Denn er sät weiter, wissend, dass nicht alles so aufgeht, wie er sich das für diese Welt wünscht. Er scheint den Misserfolg einzurechnen. Doch erntet er – und auch das ist wahr – üppig, hundertfach und immer wieder! Mir macht das Mut! Und ich vertraue, dass der Samen des Jesus von Nazareth auf viel gutes Land fällt, auch bei Ihnen und mir!

Eine gute Woche und Gottes Segen

wünscht Ihnen von Herzen

Ihr Pfarrer Günter Wagner