Liebe Gemeindemitglieder, liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde!

Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im Buch Ruth.

Dort wird die Geschichte von zwei starken Frauen erzähl: Nachdem eine Hungersnot in Betlehem ausgebrochen ist, flieht Noomi mit ihrem Ehemann und den beiden Söhnen ins Land Moab. Die Flüchtlinge bauen sich dort etwas auf. Dann aber stirbt Noomis Ehemann. Ihre beiden Söhne heiraten Moabiterinnen und so wird die Witwe Noomi von ihren Söhnen und deren Frauen versorgt. Doch auch ihre beiden Söhne sterben und die drei Witwen stehen nun vor der Entscheidung, wie es weitergehen soll. Noomi ermutigt ihre Schwiegertöchter zurück in ihre Elternhäuser zu gehen. Sie ermutigt sie, sich neue Männer zu suchen. Für Noomi selbst ist klar, sie ist zu alt, um wieder zu heiraten, und im fremden Land hat sie niemanden, der sich um sie kümmert. Sie hat nichts, was sie in der Fremde hält. Deshalb will sie zurück nach Israel gehen. Doch ihre Schwiegertochter Rut will sie unbedingt begleiten. Als Noomi abwehrt, spricht Rut folgende bekannte Worte: „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden.“

Die Worte, die Rut spricht, drücken eine große Zuneigung aus. Es sind die Worte einer mutigen
Frau, die bereit ist in ihrem Leben ein Risiko auf sich zu nehmen. Sie ist bereit in die Fremde zu
ziehen, weil sie an der Seite ihrer Schwiegermutter bleiben möchte, weil sie ihre Schwiegermutter
nicht alleine lassen will. Es sind die Worte, die eine junge Witwe zu einer anderen Witwe – zu einer
Leidensgenossin – spricht. Ruth weiß wahrscheinlich, dass es für zwei alleinstehenden Frauen
schwer werden wird. Aber sie weiß auch, dass sie diesen Weg gemeinsam gehen, dass Noomi zu ihr
und sie zu Noomi stehen wird. Wahrscheinlich ist es tröstlich für Rut, dass da eine Person an ihrer
Seite ist, die weiß, wie es ist, den Mann zu verlieren, die die Trauer um ihren verstorbenen Mann als
Mutter teilen kann, die selbst weiß, wie es ist als Ausländerin in einem fremden Land zu leben. Es
ist eben nicht nur Rut, die sich um Noomi kümmert, sondern auch Noomi, die sich um Rut
kümmert.
Ruth sagt auch: „Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott“. Rut hat vom Gott Israels
gehört. Sie hat davon gehört, dass dieser Gott sein Volk nicht im Stich lässt. Sie hat erlebt, wie ihr
Mann und wie Noomi in Beziehung zu diesem Gott stehen. Und sie weiß, dass sie an dieser
Beziehung teilhaben kann. Sie weiß das nicht, weil Gott zu ihr gesprochen hat und sich ihr direkt
offenbart hat. Sondern sie weiß das, weil sie in Beziehung mit ihrer Schwiegermutter steht. Sie weiß
das, weil sie durch diese Beziehung Anteil haben kann. So hat sich Gott ihr offenbart, durch ihre
Schwiegermutter, für die Rut da sein will und die für Rut da ist.
Es ist eine wunderbare Geschichte, von der der heutige Predigttext erzählt. Eine Geschichte davon,
wie einem die Beziehung zu einem Menschen Mut geben kann. Eine Geschichte davon, wie zwei
Menschen sich umeinander kümmern und sich so gegenseitig durchs Leben tragen. Eine Geschichte
davon, dass sich Gott eben auch darin offenbart, dass wir in Beziehung zu einem anderen Menschen
treten.
Ich wünsche ihnen alles Gute und viel Segen für die kommende Woche
Ihre Vikarin Kathrin Götz