Liebe Gemeindemitglieder, liebe Leserinnen und Leser, liebe Freundinnen und Freunde!
Der Sonntag Exaudi liegt zwischen zwei großen kirchlichen Festen – zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten. Zwischen einem endgültigen Abschied und dem Neubeginn. Der biblischen Erzählung nach ist Jesus noch 40 Tage nach seiner Auferstehung immer wieder seinen Jüngern erschienen, bevor er schließlich in den Himmel aufgefahren ist. Wenn man so will, war das dann der endgültige Abschied für die Jünger und Jüngerinnen. Der richtige Neubeginn kam erst mit dem Pfingstfest. Dann wurde der Heilige Geist über die Jünger ausgegossen, die Jünger wurden selbst tätig, verkündigten die frohe Botschaft in der ganzen Welt und begannen, die Kirche zu gründen. Im Evangelium dieses Sonntags, Johannes 16,5-15, kündigt Jesus, noch zu Lebzeiten, dieses Kommen des Geistes, des „Trösters“, wie er ihn nennt, an:
5 Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? 6 Doch weil ich dies zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer. 7 Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden. 8 Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; 9 über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; 10 über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; 11 über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist. 12 Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. 13 Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. 14 Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er’s nehmen und euch verkündigen. 15 Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er nimmt es von dem Meinen und wird es euch verkündigen.
Wahrscheinlich hat jeder in seinem Leben schon einmal solche Zwischenzeiten erlebt. Zeiten zwischen Abschied und Neubeginn. Zeiten, in denen noch nicht klar ist, wie und wo es weitergeht. Zeiten, in denen man selbst noch nicht tätig werden kann. Diese Zeiten sind oft schwer auszuhalten. Und doch sind diese Zeiten dazwischen wichtig. Denn es ist eben nicht gut, wenn alles nahtlos ineinander übergeht. Wir brauchen geradezu diese Dazwischen-Zeiten, um Altes für uns selbst abzuschließen, um uns zu verabschieden, um uns zu sammeln und neu auszurichten. Erst danach ist ein wirklicher Neubeginn möglich. Es ist also gut sich diese wichtigen Zeiten ganz bewusst zuzugestehen.
Im Evangelium verspricht Jesus seinen Jüngern, dass für den Neubeginn der Geist, der Tröster, kommen wird. Ich empfinde es entlastend zu hören, dass man auch beim Neubeginn nicht ganz allein tätig werden muss. Die Zwischenzeiten sind eben auch dafür da, empfänglich zu sein, sich „inspirieren“ zu lassen. Im Wort „inspirieren“ steckt ja sogar das Wort für Geist, „spirit“.
Auch wenn es nicht immer leicht ist, diese Dazwischen-Zeiten der Ungewissheit und Untätigkeit auszuhalten, ist es gut, zu wissen, dass diese Zeiten zu jedem Neuanfang dazugehören und es wichtig ist, sich dafür auch die Zeit zu nehmen, die es braucht. Wir müssen nicht immer gleich und sofort tätig werden. Wir brauchen Zeit zur Ruhe zu kommen, Dinge zu verarbeiten und abzuschließen, und wir brauchen Zeit, empfänglich zu sein, Zeit, Augen und Ohren offen zu halten und nicht festgelegt zu sein, Zeit, inspiriert zu werden.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen
eine schöne Dazwischen–Zeit bis zum Pfingstfest
Ihre Vikarin Kathrin Götz